Verraten & Verkauft

Neue Produkte am Markt platzieren

Viele (Wein-)Ideen und Kreationen werden täglich in der Weinbranche geboren. Aber eigentlich benötigt keiner einen neuen Wein. Die Weinregale sind voll, die Weineinkäufer oft interessiert, aber dennoch völlig ausgelastet. Schon vor der Pandemie haben weder Gastronomie noch Lebensmitteleinzelhandel oder Discounter gewartet, bis Winzer*innen oder Weinerzeuger*innen mit einem neuen Produkt vorbeikamen.

Die spannende Frage ist, wie platziere ich meine neue Idee beziehungsweise mein neues Produkt bestmöglich am Markt? Wartet vielleicht doch jemand auf mich und meinen Wein? Wir schauen uns das mal gemeinsam an.

Neue Produkte: Wie entstehen sie und wer braucht sie?

Die meisten neuen Produkte werden durch Schnaps- oder Weinideen geboren. Zum Beispiel beim Traktorfahren oder beim weinseligen Austausch mit Freunden, Familie, Mitarbeiter*innen oder manchmal sogar Kund*innen. Was in großen Unternehmen lange Planungszeiten und Testphasen benötigt, ist beim Winzer eher eine spontane Aktion und oft schnell geboren. Dies kann entweder zum unerwarteten Superdeal oder Glückstreffer führen, aber endet leider oft auch als Ladenhüter. Diese verschlingen dann nicht nur Geld- und Lagerkapazitäten, sondern auch die eigenen Nerven.

Nicht selten wird ein Produkt einfach produziert. Es wird nicht hinterfragt, ob der Abnehmermarkt wie beispielsweise die eigene oder potenzielle Kundschaft das Produkt möchte, benötigt oder Interesse geweckt wird. Im Vordergrund steht oft der eigene Geschmack. Den Rest erledigt zusätzlich die Betriebsblindheit. Sie verhindert das Hinterfragen:

  • „Wer ist eigentlich meine Kundschaft?“
  • „Wer soll der Zielkunde sein?“ und
  • „Mit welcher Verpackung, welchem Produktgeschmack oder Zielpreis werde ich Erfolg auf welchem Markt haben?“

Deshalb hinterleuchten wir mal genauer, was man bei einem neuen Produkt tun oder lassen sollte!

Wie platziere ich mein Produkt bestmöglich am Markt?

Für die Platzierung von neuen Produkten sollte man sich mit den folgenden elf Themenfeldern auseinandersetzen:

1. Produktidee

In unserer heutigen Schnelllebigkeit bedarf es immer öfter und schneller neuen Produkten. Ist das wirklich so oder fühlen sich meine Kund*innen durch zu viele Innovationen überfordert? Die Schere der Menschen die nach immer mehr neuen Produkten oder nach Altbewährtem, Gutem, Bekannten suchen ist vorhanden. Viele Ideen zu haben ist großartig, dennoch sollte man sich immer wieder kritisch die Frage stellen, ob die eigenen Kund*innen, mein Unternehmen und die Welt wirklich ein neues Produkt benötigen. Vielleicht überfrachtet ein neues Produkt auch mein bereits schon aufgeblähtes Sortiment noch zusätzlich.

Alle Produkte haben einen Produktlebenszyklus und jeder Erzeuger täte nicht schlecht daran, die eigenen Produkte zu hinterfragen: In welchem Lebenszyklus stehen meine Artikel? Benötige ich dringende Produktinnovationen oder nicht? Wenn mein Sortiment unbedingt neue Produkte vertragen kann, dann kann man sich mit der Produktfindung weiter beschäftigen. Man kann selektieren, welche Sorte, wie ausgebaut für die eigene Kundschaft interessant sein könnte.

2. Produktions- und Betriebsabläufe

Sobald man weiß, welches Produkt man produzieren möchte, sollte man den Blick auf die Betriebskapazitäten lenken: Wie ist die Verfügbarkeit der Rebsorte, des Jahrgangs und welche Produktspezifikationen bedürfen besonderer Planung? Außerdem musst du abklären, ob dein Team die zusätzliche Arbeit schafft und ob genügend Lagerplätze im Keller und Lager zur Verfügung stehen.

Bringt mich mein neues Produkt weiter oder bindet es zu viele Kapazitäten, die mich an meinem Gesamtziel aufhalten oder behindern?

Tanja Schneider

Da Zeit bekanntlich Geld ist, solltest du dich ebenfalls damit auseinandersetzen, wie lange du für die Produktion deines Produktes in welcher Menge benötigst. Hierbei sind im Weinbau die Jahrgangsspezifika entscheidend. Kann ich beim jetzigen Jahrgang überhaupt das gewünschte Produkt erzeugen oder sind die erforderlichen Gegebenheiten vielleicht gar nicht vorhanden? Eiswein kann es nicht jedes Jahr geben.

Die Überprüfung des Gesamtziels und des strategischen Unternehmerziels ist wichtig! Man sollte sie nicht außer Acht lassen. Stell dir deshalb die Frage: Bringt mich mein neues Produkt weiter oder bindet es zu viele Kapazitäten, die mich an meinem Gesamtziel aufhalten oder behindern?

3. Zielgruppe

Die Potentialanalyse beinhaltet das verfügbare Interesse am Markt oder ob es bereits am Markt vergleichbare Produkte gibt. Ebenfalls entscheidend ist die Wettbewerbsanalyse: Wer hat welche Produkte bereits am Markt und zu welchen Preisen? Werden die Produkte nachgefragt oder sind es Ladenhüter? Wenn ja, warum verkaufen sie sich nicht? Vielleicht ist dein Produkt ja anders und hat deshalb entscheidende Zukunftschancen. Dann sollte es sich aber von bereits platzierten Produkten in irgendeiner Form abgrenzen.

Frage dich auch, wer dein Kunde sein soll und welche Eigenschaften ihn auszeichnen. Ist er jung oder alt? Modern oder traditionsbewusst? Wo kauft mein Zielkunde ein? Wieviel Geld ist er bereit für mein oder ähnliche Produkte auszugeben? Dann kannst du dein Produkt direkt auf deine Kunden zuschneiden.

4. Zielmarkt

Wenn ich weiß, wer mein Kunde sein soll, dann kann ich mit der Befragung der Zielgruppe starten. Ich kann mehr darüber herausfinden, was meine Kunden von einem Produkt erwarten. Auch erste Produktdummies kann ich in den sogenannten Testmarkt geben. Damit lässt sich herausfinden, ob die Produkte geschmacklich und farblich beim Kunden ankommen und das Interesse für mehr wecken. Außerdem kann ich auch die Preisbereitschaft abfragen: Was sind (potenzielle) Kund*innen bereit für ein solches Produkt zu bezahlen?

5. Preispunkt

Du musst deine Herstellungskosten kennen und wissen, was dein Marketing und der Vertrieb kosten. Auch die Preisspanne, die dein Händler eventuell benötigt, solltest du kennen. Das alles sind wichtige Punkte, die zu einem definierten Verkaufspreis führen. Leider ist in der Weinbranche nicht immer der Herstellungspreis bekannt.

Vorsicht bei der Kalkulation, diese ist erfolgsentscheidend!!!

Tanja Schneider

Auch die Vertriebs- und Marketingkosten werden selten im Verkaufspreis berücksichtigt. Dies führt dazu, dass man am Ende kaum Geld verdient und sich wundert, wieso man bei hohen Verkäufen kein Geld auf dem Konto hat. Also Vorsicht bei der Kalkulation, diese ist erfolgsentscheidend!!!

6. Produktdesign

Beim Produktdesign solltest du dir folgende Fragen stellen: Wie muss mein Produkt verpackt sein, um die richtigen Impulse beim Käufer zu wecken? Passt das Produktdesign in mein Gesamtportfolio oder soll es extra herausstechen? Wie stimmig ist das Produkt für meine Kundschaft und meinen Betrieb? Auch das Handling ist beim Produktdesign nicht ganz unwichtig. Kann die Ware gut verpackt und versendet werden? Passt Sie bei meinem Kunden in den Kühlschrank oder ins Weinregal?

7. Marketing

Auch Marketing benötigt einen Plan! Zu klären ist, was du wo, wann, mit welcher Ansprache und Bildwelt in welchen Medien verbreiten willst. Du musst dich fragen, wo du deine Kundschaft findest und wie diese sich informiert. Behalte deine Kosten im Blick und frage dich, wie du am schnellsten und am günstigsten zum Ziel kommst.

8. Vertrieb

Kläre ab, wer den Vertrieb deiner Produkte wann übernimmt, wer deine Ansprechpartner sind und in welchen Märkten du dein Produkt verkaufen kannst. Frage dich, ob du bereits potenzielle Kund*innen in deiner Käuferschaft hast oder du neue Kund*innen generieren musst. Falls ja, wo, wann und wie triffst du diese an? Besteht Interesse an einer Bemusterung – also dem Ausstatten eines Kunden beziehungsweise Händlers mit Probierstücken?

Durchhalten lautet hier das Zauberwort. Nach dem Erstkontakt kommt der Zweitkontakt und nach dem fünften Kontakt steht oft der Verkauf. Kontinuität, Geduld, Seriosität sind auch hier Erfolgsgaranten.

9. Öffentlichkeitsarbeit

Die Presse freut sich oft über Neuigkeiten und berichtet darüber! Deshalb musst du wissen, welche Informationen die Presse von dir benötigt, um ausreichendes Wissen über dein Produkt zu haben. Außerdem solltest du dich informieren, welches die richtigen Publikationen für dein Produkt sind und wer in der Redaktion die Food News bearbeitet. Frage dich auch, ob du mit dem ausgewählten Medium deine Zielkundschaft erreichen kannst und wer die Zeit im Unternehmen hat, die Presse zu informieren.

10. Kontrolle

Wenn dein Produkt dann endlich am Markt ist und du alles beachtet hast, ist noch lange nicht Schluss. Jetzt braucht es weiterhin eine Kontrolle. Checke deine Verkäufe: Muss die Produktionskapazität angepasst werden oder musst du eventuell zukaufen? Kontrolliere auch alle weiteren Daten rum um dein Produkt: Zum Beispiel den Verdienst, wie gut das Produkt im Vergleich zu deinen anderen Produkten dasteht und frage dich, ob es eine Daseinsberechtigung hat.

Du solltest dir ein klares Ziel stecken, wie lange du deinem Produkt Zeit gibst, um sich im Markt zu etablieren.

Tanja Schneider

Zu guter Letzt solltest du dir ein klares Ziel stecken, wie lange du deinem Produkt Zeit gibst, um sich im Markt zu etablieren. Also dir auch überlegen, wann du eventuell den Schlussstrich ziehst und das Produkt, wenn es nicht läuft, wieder vom Markt nimmst.

11. Kontinuität

Kunden benötigen eine gewisse Zeit, um Vertrauen zum Betrieb und zu einem Produkt zu fassen. Deshalb ist eine Kontinuität in Qualität, Aussehen und Preis enorm wichtig. Auch hier muss immer wieder überprüft werden, ob Parameter angepasst werden müssen oder ob diese noch zu den vorhandenen Gegebenheiten passen.

Willst Du immer noch ein neues Produkt?

Nach all den Fragen ist einem erst mal die Komplexität eines Produktes bewusst geworden. Lass dich davon nicht einschüchtern. Je nach Betrieb sind manche Fragen ganz schnell beantwortet und andere etwas kniffliger. Wichtig ist: Wenn du eine Idee hast und dafür brennst, dann verfolge sie auch weiter! Rom wurde auch nicht an einem Tag erschaffen und für alles gibt es eine Lösung.

Link zum Artikel:

www.verraten-verkauft.de/Verkauft/article-7056093-192840/neue-produkte-am-markt-platzieren-.html

Autorin: Tanja Schneider

Geschäftsführende Gesellschafterin
Die Weinberater GmbH
Lindenstr. 2
55452 Windesheim
Tel.: 06707 6668618
Mobil: 0151 40050880
Mail: t.schneider@die-weinberater.wine

Über die Autorin: Tanja Schneider ist Gründungsmitglied der Unternehmensberatung Die Weinberater GmbH und war über 10 Jahre als Marketingmanager tätig.

Die Weinberater GmbH aus Windesheim ist seit 2017 die Unternehmensberatung für die Weinbranche mit den Schwerpunkten Personalvermittlung, M&A, Investorenbegleitung beim Kauf von Weingütern, Design & Marketing, Vertrieb & Finanzen, Office Management, Interimsmanagement und Handelsberatung. Wir arbeiten für Sie pragmatisch & unabhängig. Gemeinsam erfolgreiche Wege gehen, das ist unser Antrieb für Sie. Wir beraten Sie gerne!

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